Behandlungsschwerpunkte

Ein Psychotherapeut ist eine Art „Hausarzt für die Seele“. Prinzipiell sind Sie deshalb mit jeder Art von Symptomatik willkommen und gut aufgehoben. Allerdings möchte ich Ihnen einige Syndrome (Kombinationen von Symptomen) und Fragestellungen nennen, welche ich bevorzugt behandle.

  • PTBS und Traumafolgestörungen
  • Ängste, Phobien und Zwänge
  • Prüfungsangst
  • Depressionen und Burnout
  • Anpassungsstörungen und Lebenskrisen,
  • depressiver Liebeskummer
  • Somatoforme Störungen, Hypochondrie
  • Sexuelle Funktionsstörungen
  • Anhaltende Trauerstörung
  • Persönlichkeitsstörungen

Die dargebotene Zusammenstellung an Literatur stellt eine Auswahl zu verschiedenen Problembereichen für Betroffene und zum Teil Angehörige dar. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll betroffenen Menschen eine erste Orientierung in der Auseinandersetzung mit den eigenen psychischen Störungen bieten und eine Unterstützung in deren Bewältigung sein. Auch Bezugspersonen von Betroffenen finden hier hilfreiche Informationen.

  • PTBS- Posttraumatische Belastungsstörung und Traumafolgestörungen

 Die Wahrscheinlichkeit, an der Posttraumatischen Belastungsstörung im Laufe des Lebens zu erkranken, liegt bei ca.1 bis 9% (Wittchen, 1986).

Ereignisse, welche nicht zum normalen menschlichen Erleben gehören und die menschliche Psyche überfordern, können zu psychischen Traumata führen. Neben akuten Schockzuständen und schwächeren Belastungsreaktionen („Anpassungsstörung“) ist die posttraumatische Belastungsstörung die bekannteste Folgeerkrankung eines außergewöhnlich belastenden Erlebnisses. Die Posttraumatische Belastungsstörung ist eine Störung, die nach besonders belastenden Erlebnissen, wie z.B. Unfällen, Naturkatastrophen oder dem Erleben sexueller oder nichtsexueller Gewalt auftreten kann. Die auslösenden traumatischen Ereignisse sind dadurch gekennzeichnet, dass die Person direkt eine oder mehrere Situationen erlebt, die eine Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit, ihrer selbst oder eines anderen Menschen beinhalten. Diese Situation oder Situationen erlebt sie mit intensiver Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen.

Das wichtigste Symptom ist emotional intensives Wiedererinnern, welches manchmal sehr plötzlich auftreten kann und sich so anfühlen kann, als befinde man sich tatsächlich wieder in der traumatischen Situation (Flashbacks, Nachhallerinnerungen, Intrusionen; auch in Albträumen). Die Erinnerungen können aber auch diffuser, unklarer oder weniger plötzlich auftreten, es kann auch (teilweise) Amnesie (Gedächtnisverlust) bestehen. Die Beschäftigung mit Situationen, Gegenständen oder Personen, welche an das Trauma erinnern, wird meist vermieden. Häufig findet sich eine hohe Daueranspannung / Übererregung mit hoher Schreckhaftigkeit (Vigilanz Steigerung) und Schlafstörungen, es kann aber auch eine emotionale Abstumpfung und Gleichgültigkeit auftreten.

Traumafolgestörungen.  Dass emotionale, körperliche und sexuelle Traumatisierung sowie Vernachlässigung in der Kindheit lebenslang das Risiko für psychische und funktionelle Störungen erhöhen, ist seit längerer Zeit wissenschaftlich gut belegt. Die Zukunftsperspektiven, sogar die gesamte Weltsicht, können sich dramatisch ändern. Suizidwünsche, Ängste, Phobien und Depression, Borderline- oder andere Persönlichkeitsstörung, Dissoziative Identitätsstörung können auftreten. Zusätzlich wurde in den letzten Jahren eine erhöhte Vulnerabilität für das Auftreten häufiger körperlicher Erkrankungen bewiesen (z.B. Adverse Childhood Experiences Study (ACE; Felitti et al. 1998).

 Literaturemfehlungen

  • Trauma: Folgen erkennen, überwinden und an ihnen wachsen (Reddemann, Dehner-Rau, Bleick)
  • Hilfe und Selbsthilfe nach einem Trauma: Ein Ratgeber für Menschen nach schweren seelischen Belastungen und ihre Angehörigen (Schäfer, Rüther, Sachsse)
  • Ratgeber Trauma und Posttraumatische Belastungsstörung: Informationen für Betroffene und Angehörige (Ratgeber zur Reihe Fortschritte der Psychotherapie) (Ehring, Ehlers)
  • Die Narben der Gewalt (Judith Herman)
  • Wenn die Seele verletzt ist: Trauma – Ursachen und Auswirkungen (Christiane Sautter)
  • Handbuch Rituelle Gewalt: Erkennen – Hilfe für Betroffene – Interdisziplinäre Kooperation (Claudia Fliß und Claudia Igney)
  • Viele sein. Ein Handbuch. Komplextrauma und dissoziative Identität – verstehen, verändern, behandeln (Michaela Huber)
  • Schritt für Schritt ins Leben: Ein kompaktes Selbsthilfebuch für Menschen mit Dissoziativer Identitätsstörung und Zwischenformen (Christine Striebel)
  • Borderline – Das Selbsthilfebuch (Andreas Knuf und Christiane Tilly)
  • Weg aus dem Chaos: Die Borderline-Störung verstehen (Heinz-Peter Röhr)
  • Interaktives SkillsTraining für Borderline-Patienten. Patienten-Version (Bohus, Wolf, Linehan).
    Geeignet für Patienten mit Traumafolgestörungen, die ihren Umgang mit inneren Anspannungszuständen und der Regulation von Emotionen verbessern möchten.

·         App Coach PTBS

Im Auftrag der Bundeswehr hat eine Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum der TU Dresden in Zusammenarbeit mit der Bundeswehruniversität in München und dem Psychotraumazentrum Berlin eine App entwickelt. Das Projekt wurde vom Traumanetz Seelische Gesundheit konzipiert und angeschoben. Coach PTBS ist ein Wegweiser bei psychischen Folgestörungen und Einsatzfolgen. Die App wurde von einem Team aus Ärzten, Psychologen und Betroffenen entwickelt. Neben einem Rundum-Informationspaket über Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und traumaassoziierte Störungen ist der Coach individuell anpassbar. Betroffene können – auch wenn sie nicht Bundeswehrangehörige sind – ihr eigenes Unterstützungsnetzwerk erstellen. Information, Selbsteinschätzung und vielseitige Übungsangebote sowie eine individuelle Verlaufsdokumentation sind von jedem benutzbar. Die App ist eine gute Möglichkeit, im Rahmen des Selbstmanagements bei Belastungen, die eigenen Ressourcen zu aktivieren, sich zu entlasten und bei Bedarf den Weg in die umfangreich dargestellten Hilfsmöglichkeiten zu ebnen. Sie ersetzt natürlich nicht eventuell nötige professionelle Unterstützung, auf diese wird immer wieder hingewiesen.

Die App steht kostenlos als Android- und IOS-Version zur Verfügung.

                                                                     Quelle: Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT)

  • Ängste, Phobien und Zwänge

Angst ist eine Art Frühwarnsystem, welches uns vor Schäden bewahren kann. Allerdings können Ängste auch das Gegenteil bewirken, wenn sie übertrieben oder irrational ausgeprägt sind. Sie lähmen und schränken die Lebensqualität von Betroffenen mitunter drastisch ein.

Angsterkrankungen (wozu übrigens auch Zwänge gerechnet werden) nehmen in Deutschland rapide zu. Es liegen allerdings mittlerweile auch äußerst wirksame Verfahren der Behandlung vor, so dass manchmal nur wenige Wochen Therapie ausreichen können, um eine Angststörung zu überwinden.

Bekannte Angststörungen sind beispielsweise die:

Agoraphobie:

Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine Agoraphobie zu entwickeln, liegt nach Studien bei 5,7% (Wittchen, 1986)

Unter Agoraphobie versteht man ein umgrenztes bis generalisiertes Vermeidungsverhalten, das sich entweder auf bestimmte Situationen oder Orte bezieht, z.B. den Supermarkt, oder auf alle möglichen Situationen und Orte bezogen ist, die sich dadurch auszeichnen, dass eine Flucht bei einem Panikanfall schwierig oder peinlich wäre. Das Entfernen von sicheren Orten (meist zu Hause) wird als bedrohlich erlebt. Agoraphobische Situationen werden in Begleitung oder mit Sicherheitssignalen (Medikamente, Riechsubstanzen, Telefonnummer der Behandlungsperson) leichter ertragen.

Panikstörung / Panikattacken:

Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine Panikstörung zu entwickeln, liegt nach Studien bei 2,4% (Wittchen, 1986).

Das wesentliche Kennzeichen der Panikstörung sind wiederkehrende schwere Angstattacken (Panik), die sich nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände beschränken und deshalb auch nicht vorhersehbar sind. Wie bei anderen Angsterkrankungen variieren die Symptome von Person zu Person, typisch ist aber der plötzliche Beginn mit Herzklopfen, Brustschmerz, Erstickungsgefühlen, Schwindel und Entfremdungsgefühlen gegenüber anderen Menschen. Fast immer entsteht dann auch die Furcht zu sterben, bzw. vor Kontrollverlust oder Angst wahnsinnig zu werden.

Literaturempfehlungen

  • Baker, R. (2016). Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden. SCM R.Brockhaus.
  • Schmidt-Traub, S. (2016). Angst bewältigen: Selbsthilfe bei Panik und Agoraphobie. Springer.

Soziale Phobie:

Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine soziale Phobie zu entwickeln, liegt bei 13,3 % und stellt damit in den USA nach Depression und Alkoholismus die dritthäufigste psychische Störung dar (Wittchen, 1986).

Zentrales Merkmal von Sozialphobie ist die Überzeugung oder Erwartung, dass das eigene Verhalten oder körperliche Symptome (z.B. rot werden, zittern, stottern) von anderen Menschen als peinlich bewertet wird. Diese Überzeugung oder Erwartung drückt sich vor allem in Gefühlen von Angst und Scham, körperlicher Anspannung und einer starken Vermeidung von Situationen aus, in denen eine Konfrontation mit dieser negativen Bewertung möglich ist. Die Ängste können sowohl in Situationen ausgelöst werden, in denen eigene Handlungen vor anderen ausgeführt, von diesen beobachtet und bewertet werden könnten (so genannte Leistungssituationen), als auch in Interaktionssituationen (z.B. Unterhaltungen), in denen das eigene Verhalten und die Reaktionen anderer in wechselseitiger Beziehung stehen.

Prüfungsangst ist eine Angst vor der Bewertung der persönlichen Leistung, die den Betroffenen daran hindern kann, sein Wissen und/oder Können bei einer Prüfung unter Beweis zu stellen. Ihrer Zuordnung nach ist sie laut DSM-IV eine Sonderform der sozialen Bewertungsangst (sozialen Phobie), wird laut ICD-10 aber als spezifische Phobie klassifiziert.

Literaturempfehlungen

  • Lydia Fehm/Hans-Ulrich Wittchen (2004): Wenn Schüchternheit krank macht. Ein Selbsthilfeprogramm zur Bewältigung Sozialer Phobie. Göttingen: Hogrefe.
  • von Consbruch, K. & Stangier, U. (2010). Ratgeber Soziale Phobie: Informationen für Betroffene und Angehörige. Hogrefe.
  • Potreck-Rose, F. (2015). Von der Freude, den Selbstwert zu stärken. Fachratgeber. Klett-Cotta.
  • Stavemann, H. H. (2011). … und ständig tickt die Selbstwertbombe: Selbstwertprobleme erkennen und lösen. Beltz.
  • Barthel, W. (2001). Prüfungen – kein Problem! Beltz Studium.
  • Fehm, L. & Fydrich, T. (2013). Ratgeber Prüfungsangst: Informationen für Betroffene und Angehörige. Hogrefe.
  • Warnecke, I. (2017). Prüfungsangst bewältigen: Ein Trainingsprogramm in sieben Schritten. Stark fürs Studium, Band 4857.

Generalisierte Angststörung:

Nach wissenschaftlichen Studien ist die Generalisierte Angststörung eine der häufigsten Angststörungen. Etwa zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen (Wittchen, 1986).

Die Hauptmerkmale der Generalisierten Angststörung sind sehr starke, allgemeine und vielfältige Sorgen, Befürchtungen oder Ängste, die zu einer deutlichen Beeinträchtigung des Lebens der betroffenen Personen führen. Die lang andauernden Sorgen, Befürchtungen und Ängste sind nicht auf bestimmte Situationen beschränkt, wie z.B. bei den phobischen Störungen. Von den Betroffenen werden die Sorgen als schwer kontrollierbar erlebt. Neben diesem Phänomen der Sorgen finden sich bei Betroffenen häufig Symptome wie Schlafstörungen, Muskelverspannungen, leichte Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, aber auch körperliche Symptome wie Schwitzen, Herzrasen, Magenbeschwerden, Übelkeit, Erstickungsgefühle und Schwindel.

Literaturempfehlungen:

  • Bandelow, B. (2004). Das Angstbuch. Hamburg: Rowohlt. Becker, E. S. & Hoyer, J. (2005). Generalisierte Angststörung.
  • Becker, E. & Margraf, J. (2008). Vor lauter Sorgen… Hilfe für Betroffene mit Generalisierter Angststörung (GAS) und deren Angehörige. Beltz
  • Ratgeber Generalisierte Angststörung: Informationen für Betroffene und Angehörige (Ratgeber zur Reihe Fortschritte der Psychotherapie) Jürgen Hoyer, Katja Beesdo-Baum, Eni S. Becker

Phobische Angst:

Die Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens eine Spezifische Phobie zu entwickeln, liegt nach Umfragen in Deutschland bei 8 %. (Wittchen, 1986).

Spezifische Phobien sind äußert intensive und immer wieder auftretende Furchtreaktionen, die durch spezifische Situationen oder Objekte ausgelöst werden und von dem zwingenden Wunsch begleitet sind, diese Situationen oder Objekte zu vermeiden. Die Intensität der Furchtreaktion erscheint einem Außenstehenden der realen Gefahr dieser Situation unangemessen und bizarr. Gewöhnlich zeigt der Phobiker Einsicht in diese Irrationalität seiner Furchtreaktion, vermag sie aber nicht willentlich unter Kontrolle zu halten (Hamm, 1997; Marks, 1987 aus A. Hamm „Spezifische Phobien“ Fortschritte der Psychotherapie).

Literaturempfehlungen

  • Dombrowski, H.-U. (2001). Angst erfolgreich überwinden. München: CIP-Medien Verlag
  • Mathews, A., Gelder, M., Johnston, D. (1994): Platzangst. Basel: Karger Verlag
  • Wittchen, H.-U. (1997): Wenn Angst krank macht. Störungen erkennen, verstehen und behandeln. München: Mosaik
  • Schröder, B. (2000): Der Weg durch die Angst.
  • Wolf, D. (1994): Ängste verstehen und überwinden. Mannheim:
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Zwangsstörungen

Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer Zwangsstörung zu erkranken, liegt nach Studien bei 2-3%. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 20 und 25 Jahren. Im Allgemeinen sind Männer und Frauen etwa gleich häufig betroffen, Männer im Schnitt etwa 5 Jahre früher (Wittchen, 1986).

Die Betroffenen bei einer Zwangsstörung verspüren einen subjektiven Drang, bestimmte Dinge zu denken oder zu tun, um eine vermeintliche Gefahr abzuwenden, was quälend und zeitaufwändig ist. Sie versuchen deshalb, diese Gedanken abzuwehren bzw. den Handlungsimpulsen zu widerstehen. Es gelingt ihnen aber nicht, sie zu unterlassen. Sie erleben diesen Drang als etwas, was von ihnen selbst kommt und können die Übertriebenheit der Handlungen einsehen.

Zwangsverhalten äußert sich häufig in Kontrollzwängen, Ängsten andere zu schädigen oder sich und andere zu infizieren, eine ansteckende Krankheit zu haben und in bestimmten Ritualen, solche oder ähnliche Ängste zu „neutralisieren“. Zwangsgedanken äußern sich in häufig unangenehm und wesensfremd erlebten Gedanken, welche möglicherweise als sehr peinlich empfunden werden, sich aber nicht verdrängen lassen (z.B. gewalttätige Gedanken, Impulse, Fantasien; Suizidimpulse; obszöne / perverse Gedanken; gotteslästerliche Gedanken). Auch gedankliches Rechnen oder Zählen oder sonstige gedankliche Rituale zur Beruhigung können auftreten. Aus Angst- oder Zwangserkrankungen können sich zusätzlich depressive Störungen entwickeln.
Bei allen Angststörungen wird die angstauslösende Situation gemieden oder nur sehr schwer ertragen, so dass sich eine hohe Daueranspannung, Angst vor der Angst, ständige Sorgen und eine zunehmende Einschränkung des Lebens ergeben können.

Literaturempfehlungen

  • Foa, E., Wilson, R. (1994). Hör endlich auf damit – wie Sie sich von zwanghaftem Verhalten und fixen Ideen befreien. München: Heyne
  • Hoffmann, N. (1990). Wenn Zwänge das Leben einengen. Mannheim: PAL Verlag
  • S., Ulrike, Crombach, G., Reinecker, H. (1996). Der Weg aus der Zwangserkrankung. Vandenhoek Transparent, Bd. 34. Göttingen: Vandenhoek und Ruprecht
  • Ecker, W. (2015). Die Krankheit des Zweifelns: Wege zur Überwindung von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. CIP- Medien.
  • Fricke, S. & Hand, I. (2018). Zwangsstörungen verstehen und bewältigen. Hilfe zur Selbsthilfe. BALANCE.
  • Reinecker, H. (2016). Ratgeber Zwangsstörungen: Informationen für Betroffene und Angehörige. Hogrefe.

Depression

Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer Depression zu erkranken, liegt bei 5 bis 18%. Frauen haben ein doppelt so hohes Erkrankungsrisiko wie Männer (Wittchen, 1986).

Depressionen gelten mittlerweile als Volkskrankheit und sind weiter auf dem Vormarsch. Eine depressive Erkrankung zeichnet sich durch Veränderungen der Stimmung, der Interessen und des Antriebs aus. Typische Symptome sind Niedergeschlagenheit, Verlust der Freude, Libidoverlust, emotionale Leere, Antriebslosigkeit, Interessenverlust und zahlreiche körperliche Beschwerden, wie Schlaflosigkeit, Gewichtszunahme/-verlust, Unruhe, Verlangsamung, Müdigkeit und Energieverlust. Charakteristisch sind auch Konzentrationsprobleme, Gefühle der Wertlosigkeit und Schuldgefühle. Viele der genannten Zustände und Beschwerden kennen jedoch alle Menschen. Sie sind, wenn sie eine bestimmte Dauer und/oder Intensität nicht überschreiten, normale, gesunde Reaktionen auf die Erfahrungen von z.B. Verlusten, Misserfolgen, Belastungen, Zeiten der Ziellosigkeit, der Einsamkeit oder der Erschöpfung. Übermäßige Trauer, Schuldgefühle, Gefühle von Minderwertigkeit und Leere, Interessenverlust, Hoffnungslosigkeit, Anhedonie (Lustlosigkeit), Schwermut und Apathie (Antriebslosigkeit) können sogar zum Suizid (Selbstmord) führen.

Die Ursachen für Depressionen können allerdings vielfältig sein. Biologische und Erbfaktoren spielen ebenso eine Rolle wie Umweltereignisse. Manchmal neigen Depressionen zum zyklischen Verlauf, treten also mehrfach auf. Neben der unipolaren Depression (die Stimmung ist nur zu einem Pol hin verschoben, nämlich in Richtung Schwermut) gibt es auch bipolare Störungen, bei denen die Stimmung zwischen Manie (Euphorie, Tatendrang, hohe Energie, Gereiztheit) und schwermütiger Depression hin und her pendeln kann (manisch-depressive Erkrankungen).

Auch das Burnout stellt eine Art depressiver Verstimmung dar (Erschöpfungsdepression).

Literaturempfehlungen

  • Hegerl, U. & Niescken, S. (2013). Depressionen bewältigen: Die Lebensfreude wiederfinden.
  • Merkle, R. (2004). Nie mehr deprimiert. mvg.
  • Merkle, R. (2003). Wenn das Leben zur Last wird. Ein praktischer Ratgeber zur Überwindung seelischer Tiefs und depressiver Verstimmungen. Mannheim: PAL-Verlag
  • Hautzinger, M. (2006): Ratgeber Depression. Göttingen: Hogrefe
  • Teismann, T. (2014). Grübeln: Wie Denkschleifen entstehen und wie man sie löst. Balance Ratgeber.
  • Wolkenstein, L. & Hautzinger, M. (2015). Ratgeber Chronische Depression: Informationen für Betroffene und Angehörige. Hogrefe.
  • Fühl Dich gut: Angstfrei – mit Depressionen umgehen, David Burns
  • Wittchen, H.-U. et al. (1995). Hexal Ratgeber „Depression“ – Wege aus der Krankheit. Basel: Karger

 

  • Anpassungsstörung

Täglich müssen Menschen mit belastenden Situationen umgehen. Dabei gibt es sehr individuelle Unterschiede, wie sie auf Belastungen reagieren. Gelingt es nicht, die Belastungen angemessen zu verarbeiten und Bewältigungsmöglichkeiten für derartige Erlebnisse zu entwickeln, können Anpassungsstörungen auftreten. Hierbei können sowohl psychische wie auch häufig körperliche Beschwerden eine Rolle spielen.

Das ICD 10 definiert Anpassungsstörungen wie folgt: Zustand von subjektivem Leid und emotionaler Beeinträchtigung, die soziale Funktionen und Leistungen behindern und während eines Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen, wie auch schwerer körperlicher Erkrankung, auftreten.

Die Anpassungsstörung bezeichnet demzufolge Reaktionsformen auf psychosoziale Belastungen von nicht-traumatischem Ausmaß, wie Trennungserlebnisse, Schwierigkeiten in Beziehungen und am Arbeitsplatz, schwere körperliche Erkrankungen und andere einschneidende Lebensveränderungen und „Schicksalsschläge“. Damit betrifft sie eine fundamentale Situation des menschlichen Daseins: Ein altes Gleichgewicht zwischen dem Individuum und seiner Welt wird gestört und es entsteht die Notwendigkeit eine Neuorientierung und eine Neuanpassung vorzunehmen. Von Anpassungsstörungen betroffene Personen gehören offensichtlich nicht zu denen, die einschneidende Veränderungen leicht „wegstecken“. Sie reagieren darauf mit Angst und Niedergeschlagenheit bis hin zu Suizidgedanken, mit Störungen ihres Sozialverhaltens, mit dem Nachlassen ihrer Arbeitsfähigkeit und mit Einschränkungen bei der Bewältigung des täglichen Lebens. Aus der Sicht der Betroffenen stellt sich der als Anpassungsstörung diagnostizierte Zustand als eine Lebenskrise dar. Ihre Welt ist aus den Fugen geraten, sie haben entweder Wesentliches verloren, das bislang ihr Gleichgewicht aufrechterhielt, oder sie sind neuen Belastungen ausgesetzt, zu deren Bewältigung sie erst einmal keine Mittel finden oder die so gravierend sind, dass sie ihre Kräfte übersteigen.

Welche verschiedenen Formen von Anpassungsstörungen gibt es?

  • Grundsätzlich kann man schauen, ob eher ängstliche oder depressive Merkmale vorherrschen und sich danach in der Ausrichtung der Therapie richten. Somit unterscheidet man Anpassungsstörung mit depressiver Grundstimmung
  • Anpassungstörung mit Angst
  • Gemischte Anpassungstörung mit Depression und Angst
  • Anpassungstörung mit Störung des Sozialverhaltens
  • Anpassungsstörung mit gestörtem Sozialverhalten und Depressionen
  • Anpassungsstörung nicht näher bezeichnet (Rest)

Die Diagnose wird häufig gestellt, nicht immer wird dabei aber eine gründliche Abgrenzung zu anderen psychischen Erkrankungen (z.B. Depressionen, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen) vorgenommen. Besonders wichtig (und im Einzelfall schwierig) ist die Abgrenzung zur sog. Posttraumatischen Belastungsstörung, die auf ein akutes oder chronisches (komplexes) Trauma zurückzuführen ist. Diese Erkrankungen sind zumeist hinsichtlich der Dauer, dem Schweregrad bzw. den Auswirkungen auf die Lebensqualität und sozialen Kontakten deutlich schwerwiegender als die Anpassungsstörung.

Depressiver Liebeskummer

Depressiver Liebeskummer. Forschungen zeigen, dass bei Liebeskummer die Balance der Neurotransmitter Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Adrenalin aus dem Gleichgewicht gerät – wie es bei Depressionen auch der Fall ist. Entsprechende Auswirkungen hat das auf das psychische Befinden, den Stresslevel und körperliche Reaktionen, die von diesen Hormonen gesteuert werden.

Wenn Liebeskummer gefährlich wird

Liebeskummer mündet nicht immer in eine Depression und in den meisten Fällen vergeht er wieder verhältnismäßig schnell. Jedoch kann Liebeskummer schwere und gefährliche Folgen haben und kann unter bestimmten Umständen als Auslöser für eine depressive Erkrankung fungieren. Studien zeigen, dass Liebeskummer als einer der häufigsten Gründe für einen Suizid bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen genannt wird. Auch Beziehungsdramen wie Mord oder der erweiterte Suizid, haben oft ihre Ursache in krankhaftem Liebeskummer. Bekannt ist auch das „Broken-Heart-Syndrom“, eine Form einer psychosomatischen Erkrankung, die sogar tödlich verlaufen kann. Das „Syndrom des gebrochenen Herzens“, in medizinischen Kreisen auch Takotsubo-Syndrom oder Stress-Kardiomyopathie genannt, ist eine noch nicht vollständig erforschte Krankheit. Es verursacht ähnliche Symptome wie ein Herzinfarkt, also zum Beispiel Herzschmerzen und Atemnot, muss aber ganz anders behandelt werden. Ausgelöst werden die Schmerzen durch starken emotionalen Stress. Zumeist werden emotionale oder körperliche Ausnahmesituationen als Ursache vermutet. Das kann der Tod eines Angehörigen sein, aber auch Liebeskummer oder körperliche Belastungen wie eine Operation. Wie dieses Syndrom genau entsteht und welche Mechanismen dafür verantwortlich sind, ist noch nicht vollständig geklärt.

Liebeskummer löst auch häufig Alkohol- und/oder Drogenmissbrauch aus. Das verschlimmert das Problem aber nur. Denn genauso wenig, wie sich Sorgen in Alkohol ertränken lassen, verschwindet Liebeskummer nicht mit dem Rausch. Im Gegenteil: Besonders negative Gefühle können durch Alkohol oder Drogen noch verstärkt werden. Im Extremfall entsteht eine Alkohol- oder Substanzabhängigkeit.

Depressiver Liebeskummer und depressiv-pathologische Trauer sind unbedingt therapiebedürftige seelische Störungen.

Literaturempfehlungen: Emotionsregulation/ Entscheidungsfindung

  •  Fritsch, G. R. (2012). Der Gefühls- und Bedürfnisnavigator: Gefühle und Bedürfnisse wahrnehmen. Junfermann.
  • Jacob, G, van Genderen, H. & Seebauer, L. (2011). Andere Wege gehen: Lebensmuster verstehen und verändern – ein schematherapeutisches Selbsthilfebuch. Beltz.
  • Stavemann, H. (2010). Im Gefühlsdschungel: Emotionale Krisen verstehen und bewältigen. Beltz.
  • Wolf, D. & Merkle, R. (2012). Gefühle verstehen, Probleme bewältigen: Eine Gebrauchsanleitung für Gefühle. PAL.
  • Lehrer, J. (2009). Wie wir entscheiden: Das erfolgreiche Zusammenspiel von Kopf und Bauch. Piper.
  • Sher, B. (2011). Ich könnte alles tun, wenn ich nur wüsste, was ich will. dtv.
  • Anhaltende Trauerstörung/prolongierter Trauer

Menschen, die den Verlust eines Ehepartners oder nahen Verwandten betrauern, suchen nicht selten Hilfe beim Hausarzt. Um die Betroffenen wirksam unterstützen zu können, gilt es zwischen einer normalen Trauerreaktion, einer Depression und einer pathologischen Trauerform, die sogenannte protrahierte Trauer zu unterscheiden.

Unterscheidung Trauer, anhaltende Trauerstörung und Depression

Zu trauern ist ein normaler psychischer Prozess, der oft nach einem Verlust auftritt. Dennoch kann das Trauern auch emotionale und zeitliche Ausmaße annehmen, die nicht mehr im Rahmen des Üblichen liegen und die die Betroffenen in ihrer Lebensqualität stark beeinträchtigen. Dann spricht man von „komplizierter Trauer“. Die internationale Forschungsgemeinschaft ist sich weitgehend einig darin, dass Trauer sich signifikant von Depression und Angststörungen unterscheidet. Obschon es Überlappungen einiger Symptomkomplexe gibt, können Unterschiede zwischen Trauer und Depression ausgemacht werden. Bei den meisten Trauernden nimmt nach einer gewissen Zeit die Symptomatik graduell ab, zudem kommen bei Trauernden typische depressive Symptome wie Selbstabwertung, motorische Verarmung oder Gefühle der Wertlosigkeit deutlich seltener vor. Bisherige Studienergebnisse weisen darauf hin, dass frühestens sechs Monate nach Verlust zwischen einer normalen Trauer und einer anhaltenden Trauerstörung unterschieden werden kann.

Bisherige Prävalenzstudien zeigen, dass 65 – 99 % der Trauernden einen normalen, nicht pathologischen Trauerverlauf haben. Ein spezifischer Anteil Trauernder erlebt aber einen komplizierten, langanhaltenden Verlauf, welcher auch durch komorbide psychische Störungen begleitet werden kann. In Deutschland liegen die aktuellen Zahlen bei 6,7 %.

Kognitive Verhaltenstherapie bei prolongierter Trauer.  Die Studienlage verweist aktuell vor allem auf verhaltenstherapeutische Ansätze, wie z. B. von Boelen, van den Hout und van den Bout. Mit Einführung einer anhaltenden Trauerstörung als ICD-Diagnose (wird in das ICD-11 als eigenständige Diagnose aufgenommen) werden hilfreiche Behandlungsansätze noch mehr ein wertvoller Teil der Qualifizierung und Ausbildung von Psychotherapeuten und psychiatrischen/psychosomatischen Fachärzten werden. Darüber hinaus können Betroffene die Behandlung durch Krankenkassen finanziert bekommen, ohne eine andere Diagnose vorzuschieben. Seitens der Betroffenen kann es erleichternd sein, dass das Problem den Namen bekommt, nach dem es sich anfühlt.

Angst vor Pathologisierung von Trauer

Die aktuelle Diskussion um diese Diagnose ist geprägt von der Angst vor Pathologisierung von Trauer bzw. von allen Trauernden. Diese Angst ist eine Furcht vor Ohnmacht, vor Ausgrenzung, vor Missbrauch. Dem kann man nur begegnen, indem die Diagnose Depression oder anhaltende Trauerstörung bei Trauernden nur dann gestellt wird, wenn ein entsprechender Verdacht sehr gründlich anhand der Kriterien, der Anamnese oder Tests/evaluierten Fragebögen geprüft worden ist und die Diagnose zudem eine Behandlungskonsequenz nach sich zieht.

Entscheidend sind zudem Leidensdruck und Behandlungswunsch. Patienten sollten zudem transparent über die Diagnose und deren mögliche Konsequenzen aufgeklärt werden. Das betrifft aber alle F-Diagnosen. Ärztinnen, Ärzte und Psychotherapeuten sind hier aufgerufen, Haltung zu zeigen und sich an der Öffentlichkeitsarbeit zum Abbau vorhandener Ängste vor Pathologisierung und Stigmatisierung durch diagnostizierte psychische Störung zu beteiligen.

         Quelle:https://www.doctors.today/cme/a/der-hausarzt-kann-s-erkennen-wann-wird-trauer-pathologisch-1968251

Literaturempfehlungen

  • Kachler, R. (2015). Meine Trauer wird dich finden: Ein neuer Ansatz in der Trauerarbeit. Kreuz.
  • Kast, V. (2015). Trauern: Phasen und Chancen des psychischen Prozesses. Kreuz.
  • Wolf, D. (2003). Einen geliebten Menschen verlieren. PAL.
  • Znoj, H. (2005). Ratgeber Trauer. Hogrefe.
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  •  Somatoforme Störungen:

In westlichen Zivilisationen liegt die Wahrscheinlichkeit an somatoformen Störungen im Laufe des Lebens zu erkranken, bei 10 bis 15%. In Allgemeinarztpraxen muss mit einem Anteil von 20 bis 30% somatoformer Störungen gerechnet werden, aber auch bei Fachärzten werden die betroffenen Patienten häufig vorstellig, um eine spezielle medizinische Diagnostik durchführen zu lassen. Studien haben ferner gezeigt, dass in medizinischen Allgemein- und Fachkrankenhäusern bis zu etwa einem Drittel der Patienten an behandlungsbedürftigen somatoformen Beschwerden leidet. Es kommt nicht selten vor, dass die somatoforme Symptomatik nicht erkannt und daher auch nicht adäquat behandelt wird (Wittchen, 1986).

Das wesentliche Kernmerkmal aller somatoformen Störungen ist das Leiden unter körperlichen Beschwerden, die nicht (oder nicht ausreichend) durch einen medizinischen Krankheitsfaktor erklärt werden können. Bevor die Betroffenen einen Psychotherapeuten aufsuchen, haben sie in der Regel intensive Behandlungsversuche durch Haus- oder Fachärzte hinter sich. Patienten mit somatoformen Störungen sorgen sich oft über körperliche Vorgänge oder über mögliche Krankheiten und beschäftigen sich intensiv mit ihrem Körper und seinen Vorgängen. Üblicherweise werden körperliche Missempfindungen auf organische Schäden zurückgeführt und es fällt den Betroffenen zumeist schwer, eine Beteiligung psychologischer Faktoren an ihren körperlichen Beschwerden anzunehmen.

Hypochondrische Störung. Hypochondrie ist nach dem internationalen Klassifikationssystem ICD-10 eine psychische Störung aus der Untergruppe der somatoformen Störungen. Die Betroffenen beschäftigen sich beharrlich mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu leiden, ohne dass sich dafür ein angemessener, objektiver Befund finden lässt. Zudem ist Hypochondrie ein Symptom, das auch im Rahmen anderer psychischer Störungen auftreten kann.

Literaturempfehlungen

  • Sachse, U.: Schwarz ärgern, aber richtig. Klett-Cotta
  • Bleichhardt, G. & Martin, A. (2016). Krankheitsängste erkennen und bewältigen: Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige. Göttingen: Hogrefe.
  • Lieb, H. & von Pein, A. (2018). Der kranke Gesunde. Stuttgart: Trias.
  • Bischoff, C. & Traue, H. (2005). Ratgeber Kopfschmerz: Informationen für Betroffene und Angehörige. Hogrefe.
  • Klan, T., Guth, A.-L. & Gaul, C. (2022) Clusterkopfschmerz: Trigemino-autonome Kopfschmerzen wirksam behandeln und vorbeugen. Kohlhammer.
  • Kröner-Herwig, B. (2004). Ratgeber Rückenschmerz. Informationen für Betroffene und Angehörige. Hogrefe.
  • McKenzie, R. (2015). Behandle deinen Rücken selbst. Ergoline.
  • Rauh, E. & Rief, W. (2006). Ratgeber Somatoforme Beschwerden und Krankheitsängste: Informationen für Betroffene und Angehörige. Hogrefe.
  •  Körperdysmorphen Störung:

Derzeit gehen Schätzungen von einer Auftretenswahrscheinlichkeit von 1 bis 2% in der Bevölkerung aus. Aufgrund bisheriger Untersuchungen kann von einer Gleichverteilung der Störung bei Frauen und Männern ausgegangen werden.

Bei der Körperdysmorphen Störung steht die übermäßige Beschäftigung mit einem Körperteil im Vordergrund, der als hässlich oder gar entstellt angesehen wird, obwohl keine oder höchstens minimale Veränderungen festzustellen sind. Lang dauernde, große Teile des Tages einnehmende ritualisierte Handlungen und/oder zwanghafte gedankliche Beschäftigung stehen im Vordergrund und führen zu starkem Leiden. Die Betroffenen sind überzeugt, dass der Mangel für andere genauso offensichtlich ist und sie deswegen abgewertet und abgelehnt werden. Dies hat oft zur Folge, dass sie ihre alltäglichen Anforderungen in den sozialen, beruflichen oder anderen Bereichen nicht mehr bewältigen können. Folgeerscheinungen können Depressivität, Selbsttötungsgefährdung, Substanzmissbrauch und andere Probleme sein.

Literaturempfehlungen

  • Wenn das Spiegelbild zur Qual wird: Ein Ratgeber zur Körperdysmorphen Störung (Ratgeber zur Reihe Fortschritte der Psychotherapie) von Viktoria Ritter und Ulrich Stangier
  • Sexuelle Funktionsstörungen

Aus den Untersuchungen geht hervor, dass die Häufigkeit sexueller Funktionsstörungen bei Frauen bei 29% und bei Männern bei 25% liegt.

Unter sexuellen Funktionsstörungen verstehen wir Störungen, die den Ablauf des vollständigen sexuellen Reaktionszyklus hemmen, verzögern, verlängern oder gänzlich unmöglich machen. Unbehandelte sexuelle Funktionsstörungen führen in den meisten Fällen zum langsamen Erliegen der Sexualität. Immer seltenere Versuche führen zu wiederkehrenden Enttäuschungen, zu einer Erhöhung der Angst und schließlich zur Chronifizierung der Symptomatik.

Folgende sexuelle Funktionsstörungen sind bekannt:

In Bereich der sexuellen Annäherung: sexuelle Aversion (Angst vor einem oder mehreren Aspekten der Sexualität, totale oder teilweise Vermeidung sexueller Situationen), Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen (selten oder nie sexuelles Verlangen, sexuelle Gleichgültigkeit), gesteigertes sexuelles Verlangen.

Im Bereich der sexuellen Erregung: Versagen genitaler Reaktionen (Erregung reicht in Stärke und Dauer für den Verkehr nicht aus – fehlende Erektion oder fehlende Gleitsubstanz der Vagina „Lubrikation“)

Im Bereich des Orgasmus: Orgasmusstörung (Orgasmus selten oder nie), Ejaculatio praecox (Ejakulation vor, beim oder kurz nach dem Einführen), mangelnde sexuelle Befriedigung („physiologischer“ Orgasmus ohne Lustempfinden und orgastisches Erleben)

Im Bereich der nachorgastischen Reaktionen: nachorgastische Verstimmung (nach dem Verkehr depressive Verstimmung, Weinanfälle, Gereiztheit, innere Unruhe, Schlafstörungen)

Im Bereich der Schmerzstörung: nichtorganischer Vaginismus (Einführen des Gliedes wegen krampfartiger Verengung des Scheideneingangs gar nicht oder nur unter Schmerzen möglich – nicht organisch), nicht organische Dyspareunie (Brennen, Stechen, andere Schmerzen oder Missempfindungen im Genitalbereich)

Literaturempfehlungen

  • Was jeder Mann über Sexualität und sexuelle Probleme wissen will: Ein Ratgeber für Männer und ihre Partnerinnen (Ratgeber zur Reihe Fortschritte der Psychotherapie) von Steffen Fliegel und Andreas Veith
  • Was jede Frau über weibliche Sexualität wissen will. Ein Ratgeber zu sexuellen Problemen für Frauen und ihre Partner -2005 von Beatrix Gromus
  • Persönlichkeitsstörungen

Als Persönlichkeitsstörungen werden psychische Störungen bezeichnet, die verschiedene überdauernde Erlebens- und Verhaltensmuster mit Beginn in der Kindheit und Jugend beschreiben. Diese Verhaltensmuster weichen von einem flexiblen, situationsangemessenen Erleben und Verhalten in charakteristischer Weise ab. Sie sind durch relativ starre mentale Reaktionen und Verhaltensformen gekennzeichnet, vor allem in Situationen, die für die jeweilige Person konflikthaft sind. Die persönliche und soziale Funktions- und Leistungsfähigkeit ist meistens beeinträchtigt.

  • Paranoide Persönlichkeitsstörung: Ist gekennzeichnet durch Misstrauen (bis hin zur häufigen Annahme von Verschwörungen, um Ereignisse zu erklären), Streitsucht, dauernden Groll und starke Selbstbezogenheit. Handlungen oder Äußerungen anderer Personen werden häufig als feindlich missdeutet.
  • Schizoide Persönlichkeitsstörung: Wird so beschrieben: „Eine Persönlichkeitsstörung, die durch einen Rückzug von affektiven, sozialen und anderen Kontakten mit übermäßiger Vorliebe für Fantasie, einzelgängerisches Verhalten und in sich gekehrte Zurückhaltung (alone in the dark) gekennzeichnet ist. Es besteht nur ein begrenztes Vermögen Gefühle auszudrücken und Freude zu erleben.“
  • Dissoziale Persönlichkeitsstörung: Typisch sind Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, fehlendes Schuldbewusstsein, sowie geringes Einfühlungsvermögen in andere. Oft besteht eine niedrige Schwelle für aggressives oder gewalttätiges Verhalten, eine geringe Frustrationstoleranz, sowie mangelnde Lernfähigkeit aufgrund von Erfahrung. Beziehungen zu anderen Menschen werden eingegangen, sind jedoch nicht stabil.

Menschen mit dissozialer Persönlichkeitsstörung kommen häufig mit dem Gesetz in Konflikt. Der ältere Begriff Psychopathie für diese Störung wird in der aktuellen deutschsprachigen Literatur nicht mehr verwendet.

  • Histrionische Persönlichkeitsstörung: Kennzeichnend für die histrionische Persönlichkeitsstörung früher als hysterische Persönlichkeitsstörung bezeichnet, sind Übertreibung, theatralisches Verhalten, Tendenz zur Dramatisierung, Oberflächlichkeit, labile Stimmungslage, gesteigerte Beeinflussbarkeit, dauerndes Verlangen nach Anerkennung und der Wunsch, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, erhöhte Kränkbarkeit, sowie ein übermäßiges Interesse an körperlicher Attraktivität. Personen mit diesem Krankheitsbild verfügen oftmals über hohes schauspielerisches Talent, sie schreiben sich für viele Lebenslagen eigene Rollen zu, die sie perfekt über die Bühne bringen, um sich in der jeweiligen Situation am besten darzustellen. Falls sie einmal nicht die gewünschte Aufmerksamkeit bekommen sollten, stellt dies eine extrem bedrohliche Situation für jene dar, da sie sich plötzlich völlig hilflos und ausgeschlossen fühlen. Besonders in größeren Gesellschaften kann dies verheerende Reaktionen hervorrufen, denn oftmals greifen diese Betroffenen zu drastischen, fast gewollt schockierenden Mitteln, die unter Umständen gefährlich oder abartig sein können. Menschen mit histrionischer Persönlichkeitsstörung haben die Tendenz zu lügen, erfinden besonders extreme Geschichten oder selbst erlebte Abenteuer, um die Aufmerksamkeit anderer zu erzwingen. Von ihrem Umfeld werden diese Personen manchmal als unglaubwürdig eingeschätzt.
  •  Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung: Die anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung ist gekennzeichnet durch Gefühle von Zweifel, Perfektionismus, übertriebene Gewissenhaftigkeit, ständige Kontrollen, allgemein große Vorsicht und Starrheit in Denken und Handeln, die sich als Unflexibilität, Pedanterie und Steifheit zeigt.

Typisch ist des Weiteren die übermäßige Beschäftigung mit Details und Regeln, so dass die eigentliche Aktivität oftmals in den Hintergrund tritt. Es können beharrliche und unerwünschte Gedanken oder Impulse auftreten, die nicht die Schwere einer Zwangsstörung erreichen. Die Fähigkeit zum Ausdruck von Gefühlen ist häufig vermindert. In zwischenmenschlichen Beziehungen wirken Betroffene dementsprechend kühl und rational. Die Anpassungsfähigkeit an die Gewohnheiten und Eigenheiten der Mitmenschen ist eingeschränkt. Vielmehr wird die eigene Prinzipien- und Normentreue von anderen erwartet. Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung sind meist übermäßig leistungsorientiert und perfektionistisch. Daher erweisen sie sich im Arbeitsleben als fleißig, übermäßig gewissenhaft und übergenau, wobei der überstrenge Perfektionismus die Aufgabenerfüllung mitunter verhindert. Ihre Angst vor Fehlern behindert die Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen. Etwa ein Prozent der Gesamtbevölkerung sind von einer anankastischen Persönlichkeitsstörung betroffen.

  •  Ängstliche Persönlichkeitsstörung: Die ängstliche Persönlichkeitsstörung (auch: ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung, ist gekennzeichnet durch übermäßige Sorge bis hin zur Überzeugung, abgelehnt zu werden, unattraktiv oder minderwertig zu sein. Folgen sind andauernde Angespanntheit und besorgt sein, der Lebensstil ist wegen des starken Bedürfnisses nach Sicherheit starken Einschränkungen unterworfen. Teilweise sind Betroffene überempfindlich gegenüber Ablehnung oder Kritik.
  • Abhängige (asthenische) bzw. dependente Persönlichkeitsstörung: Die abhängige Persönlichkeitsstörung ist geprägt durch mangelnde Fähigkeit zu eigenen Entscheidungen, ständiges appellieren an die Hilfe anderer, Abhängigkeit von und unverhältnismäßige Nachgiebigkeit gegenüber anderen, Angst nicht für sich selbst sorgen zu können und der Angst von einer nahestehenden Person verlassen zu werden und hilflos zu sein.
  • Schizotypische Persönlichkeitsstörung: Die schizotypische Persönlichkeitsstörung oder schizotype Störung (nicht zu verwechseln mit der schizoiden Persönlichkeitsstörung) zeichnet sich aus durch ein tiefgreifendes Verhaltensdefizit im zwischenmenschlichen oder psychosozialen Bereich. Das äußert sich in Verhaltenseigentümlichkeiten, mangelnder Fähigkeit zu engen persönlichen Beziehungen und Verzerrungen in Denken und Wahrnehmung. Das Auftreten ist oft schrullig und exzentrisch.
  • Narzisstische Persönlichkeitsstörung: Die narzisstische Persönlichkeitsstörung zeichnet sich aus durch mangelndes Selbstbewusstsein und Ablehnung der eigenen Person nach innen, wechselnd mit übertriebenem und sehr ausgeprägtem Selbstbewusstsein nach außen. Daher sind diese Personen immer auf der Suche nach Bewunderung und Anerkennung, wobei sie anderen Menschen wenig echte Aufmerksamkeit schenken. Sie haben ein übertriebenes Gefühl von Wichtigkeit, hoffen eine Sonderstellung einzunehmen und zu verdienen. Sie zeigen ausbeutendes Verhalten und einen Mangel an Empathie. Es können wahnhafte Störungen mit Größenideen auftreten. Zudem zeigen Betroffene eine auffällige Empfindlichkeit gegenüber Kritik, die sie nicht selten global verstehen, was in ihnen Gefühle der Wut, Scham oder Demütigung hervorruft.
  • Emotional instabile Persönlichkeitsstörung: Es wird unterschieden zwischen zwei Erscheinungsformen dieser Störung:
  1. Impulsiver Typus vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle.
  2.  Borderline Persönlichkeitsstörung: Die Auftretenswahrscheinlichkeit in der Allgemeinbevölkerung liegt bei 1,2 %. Dabei sind davon 60% Frauen und 40% Männer (Torgerson, 2001). Die wesentlichen Merkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind impulsive Handlungen ohne Berücksichtigung der Konsequenzen; häufige, unvorhersehbare und launenhafte Stimmungsschwankungen; Neigung zu intensiven und instabilen Beziehungen, oft mit der Folge emotionaler Krisen; Störungen und Unsicherheit bezüglich des Selbstbildes, Zielen und inneren Präferenzen; anhaltendes Gefühl der Leere. Die meisten Betroffenen haben Probleme mit ihren Gefühlen umzugehen. Sie empfinden sie besonders intensiv, so dass sie für Betroffene unaufhaltbar scheinen. In diesem Notzustand können selbstverletzendes Verhalten, riskantes Handeln und Selbstmordabsichten auftreten. Auch die starke Impulsivität ist charakteristisch für die Patienten, so kann es zu plötzlichen Wutausbrüchen führen. Ferner besteht eine Tendenz zu streitsüchtigem Verhalten und Konflikten mit anderen, insbesondere, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden. Ein wichtiges Kennzeichen dieser Störung ist die große Angst vor dem Alleinsein. Menschen mit dieser Erkrankung haben gelegentlich ausgeprägte Trennungsängste, Verlustängste oder Angst vor Isolation, obwohl kein konkreter Grund dazu gegeben ist.

 

Literaturempfehlungen

  • Leben mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung: Schritt für Schritt Gefühle regulieren, Beziehungen stärken, negative Muster überwinden. Das Skillstraining für Betroffene von Daniel Fox
  • Bohus, M. & Reicherzer, M. (2012). Ratgeber Borderline-Störung: Informationen für Betroffene und Angehörige. Hogrefe.
  • Fiedler, P. (2016). Persönlichkeitsstörungen. Beltz.
  • Oldham, J. M. & Morris, L. B. (2010). Ihr Persönlichkeits-Portrait: Warum Sie genauso denken, lieben und sich verhalten, wie Sie es tun. Klotz.
  • Rahn, E. (2008). Borderline. Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige.